Liebe Dermatolan-PartnerInnen, die Corona-Pandemie beherrscht die Nachrichten und bringt große Ängste, Verunsicherung und viele Fragen mit sich. Viele Menschen bewegt das Thema „Impfen gegen Corona“. Hier einige Hintergrundinformationen ohne Anspruch auf Vollkommenheit, viele Grüße, Ihr Michael Schmidt
Impfen gegen Covid-19 – Hintergrundinformationen –
England hat mit einem umfangreichen Impfprogramm gegen Covid-19 begonnen, andere westliche Länder werden folgen. Russland impft schon seit einiger Zeit mit einem eigenen Impfstoff.
Impfstoffe kurz vor der EU-Zulassung
1. Pfizer-Biontech (mRNA-Impfstoff): 95% Wirksamkeit, 2 Dosen notwendig, Lagerung bei -70 Grad Celsius dauerhaft, kurzfristig für 5 Tage bei 2-8 Grad Celsius, ca. 15-20 Euro pro Dosis
2. Moderna (mRNA-Impfstoff): 94,5% Wirksamkeit, 2 Dosen notwendig, Lagerung bei -20 Grad Celsius für 6 Monate, bei 2-8 Grad Celsius für 30 Tage, bei Raumtemperatur für 12 Stunden, ca. 25-40 Euro pro Dosis
3. Astra Zeneca (Vektor-Impfstoff): 70% Wirksamkeit, 2 Dosen notwendig, Lagerung bei 2-8 Grad Celsius für mindestens 6 Monate, 3-4 Euro pro Dosis
Unterschiedliche Impfprinzipien
Biontech/Pfizer und Moderna setzen jeweils auf den neuartigen sogenannten mRNA-Impfstoff (Erklärung weiter hinten). Er enthält im Grunde einen kleinen Ausschnitt des Viruserbgutes, das die Informationen für ein Protein des tatsächlichen Virus trägt.
AstraZeneca wiederum arbeitet an einem sogenannten Vektor-Impfstoff. Dabei wird über Vektoren, eine Art Erreger-Transporter, die nötigen Informationen zum Aufbau von Antikörpern eingeschleust. Vektorimpfstoffe sind bereits gegen das Ebola- oder Dengue-Virus im Einsatz.
mRNA-Impfstoffe:
Diese Art zu impfen ist neu. Dabei wird die Messanger-RNA (mRNA) der Coronaviren verändert und dann in die Muskelzellen der Impfperson eingespritzt.
Die Messanger-RNA (mRNA, auf deutsch „Boten-RNA“) entsteht bei Lebewesen mit Zellkernen (also auch beim Menschen) durch Ablesen der im Zellkern verankerten DNA (der Erbsubstanz) durch ein spezielles Enzym. Die DNA besteht aus 2 Strängen eng aneinander liegender Erbsubstanzketten. Beim Ablesen wird nur einer dieser beiden Strängen kopiert. Das Ergebnis ist ein einzelner Strang (die mRNA). Dieser Strang ist so klein, dass er den Zellkern durch kleine Poren verlassen und in den umgebenden Zellkörper wandern kann. Dort regt er die Bildung von Eiweißen (Proteinen) entsprechend seiner Information an. Diese Eiweiße erfüllen dann im Körper jeweils spezielle Aufgaben. Viren haben keinen Zellkern und von vornherein nur einen Strang Erbinformation in Form einer Viren-mRNA.
Die mRNA-Impfstoffe bestehen aus einer veränderten Viren-mRNA, die lediglich den Bauplan für ein bestimmtes Protein der Virenhülle enthält (das sogenannte Spike-Protein des Virus, welches die charakteristischen Kronenspitzen des Corona-Virus verursacht. Corona heißt auf deutsch Krone).
Die beimpften Muskelzellen des Menschen im Oberarm nehmen die eingespritzte Viren-mRNA auf, bilden nach diesem Bauplan nun das Spike-Protein der Coronaviren und zeigen es an der Außenseite ihrer Zellmembran. Dieses Protein hat für uns keinerlei Funktion und ist nach heutigem Wissen völlig harmlos. Es ist aber in unserem Körper neu und regt deshalb unser Immunsystem zur Bildung von Antikörpern an, die dann wirken, wenn es zu einer realen Infektion mit Sars-CoV-2 kommt. Die eingeimpfte Viren-mRNA ist nur kurz haltbar und zerfällt im Körper sehr schnell. Diese kurze Zeit reicht aber bei zweimaliger Impfung innerhalb von 28 Tagen aus, um mit den gebildeten Antikörpern eventuell später angreifende Viren zu zerstören.
Unterschied zu klassischen Impfstoffen
Klassische Impfstoffe (wie bei der Influenza-Impfung) enthalten veränderte oder abgetötete Viren, die harmloser als die vollwertigen Viren sind. Unser Körper bildet daraufhin Antikörper (genauso wie auf die beschriebenen mRNA-Impfstoffe). Nachteilig ist die größere Gefahr von Nebenwirkungen durch notwendige Begleitstoffe und auch die komplizierte Herstellungsweise. Die abgeschwächten Viren müssen sehr umständlich in Zellkulturen oder in Hühnereiern hergestellt werden. Dagegen können mRNA-Impfstoffe massenweise und sehr schnell synthetisiert werden. Außerdem könnten sie relativ leicht angepasst werden, wenn das Virus mutiert. Ein kleiner aber beherrschbarer Nachteil der mRNA-Impfstoffe ist die Instabilität der RNA. Eine dauerhafte Lagerung erfordert minus 70 Grad Celsius. Allerdings wird eine längere Lagerung in der ersten Phase der Massenimpfungen nicht notwendig sein. Ein größerer Nachteil ist die Neuheit des Verfahrens: Weil es noch keine umfangreichen klinischen Erfahrungen mit mRNA-Impfstoffen gibt, können theoretisch auch zu späteren Zeitpunkten Nebenwirkungen auftreten, die jetzt noch nicht bekannt sind.
Bekannte Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe
Häufigste Nebenwirkungen waren Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit, Gelenk-, Glieder- und Kopfschmerzen, vergleichbar mit der „normalen“ Grippeimpfung (evtl. ist die mRNA-Impfung etwas verträglicher, weil bei der Grippeimpfung bestimmte irritierende Begleitstoffe notwendig sind). Die meisten Reaktionen sind nach der zweiten Injektion aufgetreten. Einzelfälle zeigten Impffieber, die Symptome klangen aber nach etwa 12 Stunden wieder ab. Dass die Nebenwirkungen nach der zweiten Dosis größer sind als nach der ersten, ist grundsätzlich wie bei anderen Impfungen auch ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass das Immunsystem nach der ersten Dosis aufgebaut wurde und nach der zweiten voll ins Arbeiten kommt.
Vektor-Impfstoffe
Astra Zeneca und die Universität Oxford setzen auf das bewährte Prinzip eines sogenannten vektorbasierten Impfstoffes. Die genetische Bauanleitung für das Spikeprotein von Corona wird in ein verändertes Erkältungsvirus (aus Schimpansen) eingebaut. Auch hier reagiert unser Körper mit der Bildung von Antikörpern gegen das Spikeprotein der Coronaviren.
Nachteilig ist die Produktion der notwendigen „Trägerviren“ in Hühnereiern oder in Zellkulturen und die notwendige Abschwächung der Erkältungsviren (damit es nicht zu einer krankmachenden Infektion kommt). Außerdem scheint die Wirksamkeit schwächer zu sein als die mRNA-Impfung. Vorteilhaft wäre die Verteilung auch in Ländern mit einer schwachen Infrastruktur, da die Vektorimpfstoffe in normalen Kühlschränken gelagert werden können und sehr viel weniger kosten.
SPUTNIK V
Russlands Impfstoffkandidat Sputnik V ist ebenfalls ein vektorbasierter Impfstoff, der in diesem Fall mit zwei verschiedenen modifizierten Erkältungsviren arbeitet. Im Gegensatz zu den mRNA-Impfstoffen wird die Information für das Spikeprotein über die Impfviren in die Zellen geschleust und nicht direkt. Beide Viren enthalten die Erbinformation für das Spikeprotein von Sars-CoV-2. Zwei verschiedene Viren wurden verwendet, um sicher zu verhindern, dass das Immunsystem die Impfviren der zweiten Dosis abfängt und sie so versehentlich unschädlich macht.
Westliche Gesundheitsexperten beklagen allerdings die geringe Transparenz der russischen Behörden. Die von russischer Seite angegebene Wirksamkeit beträgt 74%.
Als Nebenwirkungen wurden ohne weitere Details Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen und Impffieber genannt.
Unterschied zur bekannten „Grippe-Impfung“
Für die Influenza-Impfung wird meist ein sogenannter Totimpfstoff verwendet. Er besteht aus inaktivierten Viren beziehungsweise Virus-Bestandteilen. Die am sichersten wirkende „4-fach-Impfung“ enthält Bestandteile der vier häufigsten Grippeviren-Typen.
Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zwei und 17 Jahren kann anstelle dieses „4-fach-Impfstoffes“ aus abgetöteten Viren ein „4-fach-Lebendimpfstoff“ mit noch intakten aber abgeschwächten Grippeviren als Nasenspray gegeben werden. Die Immunantwort ist dann stärker als die „Totimpfung“.
Nachteilig bei diesen Impfmethoden sind die geringe Wirksamkeit von ca. 60% oder sogar noch weniger (je nach Quelle) und die aufwendige Herstellung, also die Züchtung von Viren in Hühnereiern und die anschließende Inaktivierung sowie die sehr stark diskutierten möglichen Nebenwirkungen. Die Impfmittel enthalten neben den eigentlichen Wirkstoffen eine Reihe von Begleitstoffen, die z.B. zur Abschwächung der Grippeviren notwendig sind. Ob diese Begleitstoffe für eine Reihe auch später auftretender Nebenwirkungen verantwortlich gemacht werden können oder nicht ist heftig umstritten.
Fazit
Die neuentwickelten Covid-Impfstoffe bieten einen Lichtblick in der aktuellen Corona-Pandemie. Wie hoch die tatsächliche Wirksamkeit und wie stark die kurzfristigen und evtl. langfristigen Nebenwirkungen sein werden, wird sich erst noch zeigen müssen. Aber auf die erhoffte Herdenimmunität zu warten ist auch keine gute Alternative. Ich selbst bin vorsichtig optimistisch und werde mich sobald als möglich impfen lassen.
Bleiben Sie zuversichtlich! Ihr Michael Schmidt